Interview Maurice Sonneveld

DIGITALSTRATEGIE
 
»Wir müssen tagtäglich maßgeschneiderte
 
Inhalte liefern«
 
 
Maurice Sonneveld
Leiter Digital Media | Hertha BSC

Wie Verlage sind Sportvereine mit volatilen Zielgruppen und Bedürfnissen konfrontiert. Die Digitalisierung von Prozessen ist eine Antwort darauf. Beim Fußball-Erstligisten Hertha BSC führte eine neue Strategie zur Gründung einer Digital Media-Abteilung, die Maurice Sonneveld leitet.

Auf dem Zukunftsforum Zeitschriften der Akademie der Deutschen Medien am 5. Dezember 2019 im Literaturhaus München spricht Maurice Sonneveld darüber, wie der Hauptstadt-Fußballclub Hertha BSC ein digitales Ökosystem aufbaut und die Generation Z aktiviert. Im IT-Channel von buchreport.de zeigt er auf, wie eine klare Strategie und konkrete Maßnahmen sich in der IT-Bebauung der Hertha aufeinander beziehen.
 
 
Warum begnügt ein Profifußballverein wie die Hertha sich nicht damit, möglichst guten Fußball zu spielen?

Vom Vereinsmitglied über Sponsoren bis hin zum interessierten Fan im In- und Ausland müssen wir tagtäglich verschiedene Anspruchsgruppen bedienen und maßgeschneiderte Inhalte liefern. Anders als beispielsweise bei Herstellern von Staubsaugern, denen es wohl rein pragmatisch genügt, diese hochwertig herzustellen und zu vertreiben, schaffen wir mit dem Fußball Emotionen. Man freut sich mit uns und leidet mit uns. Wir schreiben Geschichten und erzählen diese. Und das zu jeder Zeit, rund um die Uhr – nicht nur samstags zwischen 15:30 und 17:15 Uhr. Unsere Digitalkanäle eignen sich hervorragend, um unsere Geschichten zu erzählen.

Sie haben nicht einfach beschlossen: Jetzt verkaufen wir Tickets und Fanartikel online, sondern haben sich eine Digitalstrategie verordnet. Wer hat Sie dabei beeinflusst?

Wir sind ein Verein, der auf eine lange Tradition von mehr als 125 Jahren zurückblicken kann. Im aktuellen Zeitalter der digitalen Transformation befinden auch wir uns in einem Prozess des Wandels wie viele andere Unternehmen. Diesem Wandel haben wir die Arbeit mit und an unseren Werten vorangestellt. Wir haben einen Wertekanon verabschiedet, an dessen Spitze die Kernwerte Vielfalt und Fortschritt stehen. Alle unsere Projekte und unser Handeln richten wir darauf aus. Die Ableitung einer Digitalstrategie ist die logische Konsequenz daraus.

Was sind die konkreten Ziele Ihrer Digitalstrategie?

Wir wollen ein digitales Ökosystem schaffen. Alle Prozesse in diesem System denken wir konsequent aus der Sicht des Fans. Ihm wollen wir stets seine präferierten Inhalte, Services und Angebote über seine bevorzugten Kanäle und immer zum rechten Zeitpunkt senden. Wir sehen die Steigerung der Nähe zu den Fans und unserer digitalen Reichweiten – und die damit einhergehen Umsätze – als wichtigste Ziele dieser Strategie an.

Welche Werkzeuge und Komponenten setzen Sie dabei ein bzw. werden Sie einsetzen?

Wir haben eine konsolidierte Datenbasis unserer Fans und Mitglieder, diese nennen wir Customer Hub. Darauf aufbauend haben wir eine Customer Data Platform aufgesetzt, die es uns via Kampagnenmanagement ermöglicht, unsere Contents über alle Digitalkanäle hinweg zu orchestrieren, um damit die oben beschriebenen Ziele aus Fansicht zu realisieren. Außerdem beschäftigen wir uns mit Themen wie beispielsweise Asset Management. Hiermit können wir die vielen Inhalte aus unserer langen Vereinshistorie auch über den digitalen Weg für unsere Fans verfügbar und erlebbar machen.

Auf welche Plattformen setzen Sie und warum?

Neben unseren Owned-Media-Kanälen wie Homepage oder App, Vertriebsplattformen wie den Online-Shops oder auch unseren nationalen wie internationalen Social-Media-Kanälen, die mittlerweile Millionenreichweite haben, sehen wir Messenger als wichtige Eckpfeiler unserer digitalen Kommunikation an. Hier konnten wir vor kurzem einen TicketBot beim Facebook Messenger realisieren, der von der Erstansprache über die Platzauswahl und den Check-Out bis hin zur Zustellung des Mobile Tickets die gesamte Journey mit künstlicher Intelligenz abbildet. Außerdem wird das Thema Internet of Things (IoT) für uns immer wichtiger, insbesondere vor dem Hintergrund der Sprachbefehle und der Voice-Steuerung. Auch dies wird Teil unseres digitalen Ökosystems sein.

Was versprechen Sie sich von Ihrem Engagement für eSports?

Zunächst zahlt der eSport bei uns auf unseren Kernwert Fortschritt ein. Dies bedeutet, dass wir neue Angebote schaffen für die sogenannte Generation Z, um eine neue Zielgruppe zu erreichen. Hier gab es aber auch beispielsweise konkrete Nachfragen von jungen Menschen aus unserer Mitgliedschaft. Bei der Umsetzung unseres eSport-Engagements haben wir einen einzigartigen Hertha-Weg gewählt – und die erste eSport-Akademie in der Bundesliga gegründet.

Dies bedeutet, dass wir nicht – wie andere Vereine zuvor – fertige eSportler verpflichten, sondern junge Gamer aus der Region zu eSportlern ausbilden. Unser Ausbildungskonzept orientiert sich im Wesentlichen an unserer erfolgreichen Fußball-Akademie. Denn die Förderung von jungen Nachwuchssportlern und die Ausbildung von Talenten ist die sportliche DNA unseres Vereins, auf die wir aufsetzen mit dem eSport. Unsere eSport-Ausbildung umfasst das Training beim Spiel FIFA, Gesundheitsförderung und Ernährungsberatung sowie den Erwerb von Medien- und Social-Media-Kompetenz. Wir verfolgen mit der eSport-Akademie einen ganzheitlichen und nachhaltigen Ansatz.

Das Interview erschien auf buchreport.de.

KONTAKT   Leonie Rouenhoff | Akademie der Deutschen Medien | leonie.rouenhoff@medien-akademie.de | +49 89 291953-55